Thailändische Wildnis (Teil 2)

Thailändische Wildnis (Teil 1)

DSC_5497Tag 268 bis Tag 286, Dienstag 27.01.2015 bis Samstag 14.02.2015 – Seegers und Co in der „thailändischen Wildnis“ ohne Kühlschrank im Bungalow.

…Koh Samui, jetzt wird alles anders. Eigene Villa, eigener Pool, eigene Roller, eigener Gasgrill. Seegers & Co gehen zum entspannteren Teil des Urlaubs über. Außerdem muss ich mir keine Sorgen über das Shoppingverhalten meiner Mitreisenden mehr machen, sie sind ja bereits seit 10 Tagen in Thailand und lassen sich keinen Quatsch mehr andrehen. Zumindest denke ich das. Die erste Einkaufstour von Elena und Steffen erweist sich allerdings als Augen öffnend. Wir bekommen einen Selfie-Stick…unglaublich. Steffen kauft einen Selfie-Stick. Das ist eine circa 50-70 cm lange Alu-Stange an dessen einem Ende man sein Mobilfunktelefon mit integriertem Fotografieaufnahmegerät anbringt und an dessen gegenüberliegendem Ende eine Auslösefunktion für eben diese Fotografien existiert. Prinzipiell eine Armverlängerung, um sich selbst zu fotografieren. Sehr beliebt bei Chinesen und Japanern. Und jetzt bei Seegers.

Sprachbarrieren und das Wäsche-Monster

Meine Schwester hingegen tätigt einen äußerst sinnvollen Einkauf. Waschmittel. Auch wenn ich nicht ganz verstehe, warum sie das kauft. Der Größe ihres Koffers entsprechend, sollte Sie theoretisch den kompletten Zeitraum zwischen zwei Schaltjahren problemlos ohne Waschen zu müssen verbringen können. Dabei wir sind nur drei Wochen in Thailand. Scheinbar hat jedoch das Lieblings-T-Shirt einen Masaman Curry Fleck abbekommen. Egal, mir soll es von Nutzen sein, denn meine Sachen können eine vernünftige Wäsche durchaus einmal wieder vertragen. Alsoooo, ab in die Maschine, Schwesterchen macht meine Wäsche.

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Selbst produziertes Batik Shirt

Zwei Stunden bzw. eine Waschmaschinenladung später komme ich auf den Balkon und starre in fünf grinsende und ein eher schreckhaftes Gesicht: „Brudiiii, die Wäsche ist fertig“. Ich schaue Richtung Wäscheleine. „Und wo sind meine Sachen?“ – „Na da!“ – ich schaue etwas genauer, kann jedoch lediglich einige Batik artigen T-Shirts und Hosen erkennen…Nein…das sind meine T-Shirts. Meine herzallerliebste Schwester hat meine schwarzen Lieblings-Reise-Sachen gebatikt. Allesamt. Normale Menschen fragen sich an dieser Stelle, wie so etwas passieren kann. Die Erklärung erschließt sich mir mit einem Blick auf das vermeintliche Waschmittel: Bleacher (Bleicher). „Schwester, Du hast nicht etwa das hier benutzt?“ – „Doch“ – „Darf ich fragen WARUM?“ – „Da war ne Waschmaschine drauf abgebildet, also hab ich gedacht, das ist Waschpulver!“ – „Aaaahh, klingt logisch!“ – „Gell!“ – „Ähm Schwester…“ – „Ja“ – „…im Kühlschrank stehen zwei Kartons mit Tierbildern drauf. Im großen Tetra Pack wohnt keine Kuh und im kleinen Karton sind keine Hühner gefangen. Da sind Milch und Eier. Nicht, dass es Dich verwirrt!“. Unglaublich, meine Reise-Sachen haben Wäschen in nepalesischem Bergflüssen, bei burmesischen Bauern, in thailändischen Großwäschereien als auch in indonesischen Badewannen überlebt – und dann kommt Schwesterherz!

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Wassersport der Ball Helden
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Brat Karle bei der Arbeit
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Pool Sport
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Unterwasser Sport
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Kochkurs

Poolsport, Grillen, Strand und Kochkurs

So eine eigene Villa bietet schon einige Vorteile. Neben der Waschmaschine, deren Dasein letztendlich eher suboptimal war, haben wir auch einen eigenen Pool und einen eigenen Grill. Und Brat-Karle weiß den Grill auch korrekt zu bedienen. Eine eigene Grill-Party…eines der wenigen Dinge, die ich als Reisender so richtig vermisst habe. Der Poolsport mit den beiden Athleten Steffen und Sascha ist auch immer herzerfrischend, wobei manche ein wenig mehr talentiert sind mit Bällen als andere. Aber nicht nur am privaten Pool, auch in aller Öffentlichkeit geben wir unsere Ballkünste zum Besten. Mit den Rollern sind viele schöne Strände innerhalb kurzer Zeit zu erreichen.

Letztlich wäre es auch eine Sünde, Thailand zu verlassen ohne vorher zu lernen, wie die köstlichen Currys und andere Speisen zubereitet werden. Mit Mum und Sascha mache ich daher einen 5-Gänge Kochkurs mit der restlichen Truppe als Gast-Esser. Unter Anleitung von Mi bereiten wir Frühlingsrollen, Suppe, Masaman Curry, White Snapper (Schnapper/Barschart) mit süß-saurer Soße und als Nachspeise Bananen mit Kokosmilch zu. Besonders die Frühlingsrollen finde ich spannend und relativ einfach. Kein Vergleich zum überaus komplexen Nachtisch: Banane in Kokosmilch. „Schneiden Banane…jetzt öffnen Kokosmilch…schütten Kokosmilch in Schale….tue dazu Banane…Fertig!“ – Wow, wie imposant und ideenreich! Vom Rest sind wir jedenfalls begeistert.

German-Zehnagel

Neben gutem Essen ist Thailand auch ein Paradies für Wellness-Dienstleistungen. Kaum zwei Tage vergehen, an denen Sascha und ich uns nicht massieren lassen. Als Krönung gönnt sich Sascha heute zusätzlich noch Maniküre und Pediküre. Anfangs freuen sich die thailändischen Mädels noch über den spendablen Deutschen. Dann sehe sie seine Zehnägel. Und verzweifeln mit ihren Baby Knipsern. Da muss härteres Gerät her. Eine Flex wäre notwendig. Zu zweit arbeiten sie parallel an Saschas Füßen…und lachen sich schlapp, wenn das knipsen mal wieder schief geht. Ich lieg neben dran und schmunzle in mich hinein. Der German-Zehnagel gegen die thailändische Wellness-Industrie. 1:0 für Deutschland.

Isomatte und DHL

Bei Backpackern ist das ja so eine Sache mit dem Inhalt im Rucksack. Hat man das richtige dabei? Passt es für den nächsten Reiseort? Kann ich den Rucksack überhaupt noch tragen? Und manchmal muss man sich eben umorientieren, umpacken, neue Sachen kaufen und nicht benutzte wegwerfen. Oder noch komfortabler, man lässt sich von zuhause Sachen mitbringen und gibt Unnötiges ab. Für die nächste Reiseetappe, ein Road Trip durch Neuseeland, brauche ich beispielsweise meinen Schlafsack und die Isomatte von zuhause. Das diese Mitbringsel allerdings Schwierigkeiten bei Seegers verursachen könnten, war nicht zu vermuten. Während mein zusammengerollter Schlafsack relativ schnell von Schwesterherz gefunden wurde, bereitete die aufgeblasene Isomatte weitaus mehr Probleme…und das bei einer Abmessung von 180x60cm, aufgeblasen und im Eck eines 20qm Zimmer stehend. Schwesterle lief ein ums andere Mal daran vorbei. „Ich dachte das ist Dein Surfboard!“ – Wie bitte? Mein Surfboard? Welches Surfboard? So was hatte ich noch nie besessen. Ein aufblasbares Surfboard – wäre allerdings auch mal ne Erfindung. Die zweite Schwierigkeit mit dem ‚Surfboard‘ bekam Dad beim Verpacken des Koffer zu spüren. Er lies die Luft aus der Isomatte, rollte sie zusammen und packte sie in den Koffer…10 Minuten später war sie plötzlich wieder in voller Größe aufgeblasen und entrollt. Komisch. Also nochmal Luft raus pressen, rollen, einpacken. 10 Minuten später das selbe in Grün. Aber so ist das nun einmal bei einer selbst-aufblasbaren Isomatte. Mit Haargummis bekam er sie dann immerhin gebändigt und im Koffer verstaut. Der dazugehörige Packsack blieb zuhause.

Wesentlich schwieriger hatte es Susi mit der Vorbereitung für Neuseeland. Ihr konnte niemand Sachen mitbringen und sie konnte Niemandem Unnötiges mit nach Deutschland geben. Einzige Alternative: DHL auf Koh Samui. Bereits auf Bali bei unserem ersten Treffen hatte sie 18kg Gepäck. Für Neuseeland benötigen wir noch ein paar Kleinigkeiten wie Zelt, Isomatten etc. – es wird also Zeit, etwas auszusortieren. Aussortieren bei Mädels gestaltet sich jedoch als Herkulesaufgabe. Schuhe Ja – Nein?; Weltstecker Ja – Nein?; T-Shirts Ja – Nein?; Bikinis Ja – Nein?; Ballerinas Ja – Nein?; Unterwäsche Ja – Nein? „Moment mal, Du willst diese ausgetragenen, alten Ballerinas aus Thailand mit DHL nach Hause schicken?“ – nur als Anmerkung, pro Kilo kostet es circa 25,- Euro – „Hallooooo??? Das sind Liebeskind Ballerinas!“ – für mich macht es keinen Unterschied aber die Frauen unter den Lesern verstehen es vielleicht – Susi weiter: „Aber ich kann ja vielleicht den Weltreisestecker raus nehmen?“ – das ist typische Frauen-Logik. Der Stecker kostet knapp 30,- Euro und wiegt 100 Gramm. Das ergibt selbst für Mathematik-Feinde eine einfache Rechnung. 100 Gramm weniger im Paket entspricht circa 2,50 € Ersparnis – dafür lassen wir dann einen 30,- € Stecker in Thailand. Mmmhhh, ergibt das Sinn 😉

Nach gefühlten 60 Minuten im 10qm großen DHL Shop und mehrfachem Ein- und Auspacken haben wir das Paket final gerichtet und zugeklebt. „Stopp, meinst ich soll nicht doch noch einen Bikini mit raus nehmen?“ – „Wozu?“ – „Zur Sicherheit…zur Sicherheit? Du hast schon drei Bikinis im Rucksack, wie viel Sicherheit willst Du noch? Was muss passieren, damit drei Bikinis verloren gehen? Ich hab eine Badehose und komme bislang ganz gut damit aus. Und selbst in Neuseeland soll es Gerüchten zu Folge so etwas wie käuflich zu erbwerbende Bikinis geben. Zur Sicherheit! Unglaublich. Die nette, leider nicht Englisch sprechende DHL Mitarbeiterin erweist sich auch nicht als große Hilfe.

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In der Wildnis mit dem Selfie-Stick

Warum eigentlich ‚Thailändische Wildnis‘?

Ganz simpel, weil das (Über-)Leben in Thailand manchmal einfach Wildnis artigem Überlebenstraining unter schwierigsten, menschenunwürdigen Bedingungen entspricht. So ist es an unserem vorletzten Tag. Der Strom fällt aus. Und zeitgleich das Frischwasser. Morgens zur Frühstückszeit. Okay, wir haben einen Pool gefüllt mit Wasser, einen Kühlschrank gefüllt mit Essen, einen Gas-Grill mit Kochplatte für Würstchen, Eier, Toast und Kaffeewasser. Trotzdem ist es ‚wie in der Wildnis‘ für meine Schwester und ‚total aufregend‘. Mich regt einfach nur auf, dass wir die Toiletten-Spülkästen mit Wasser aus dem Pool auffüllen müssen, ansonsten ist beinahe alles wie gehabt. Schon nach zwei Stunden hat Schwesterherz genug von der Spannung und Aufregung: „Ich will Duschen und W-Lan! Scheiß Wildnis hier!“ – einfach herzerfrischend meine geliebte Schwester.

Zweieinhalb Wochen später sitzt der Seeger Trott wieder im Flugzeug nach Deutschland. Die Zeit mit Familie und Freunden war herrlich, etwas ganz anderes als mein bisheriger Trip und eine unglaublich witzige Zeit. Danke Dad, Mum, Schwester, Sascha und Steffen. Mit Susi ziehe ich jetzt weiter nach Neuseeland. Zelten, Wandern, Road Trip – nicht ganz so eine Wildnis wie in Thailand aber sicherlich auch eine spannende Erfahrung.

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