Tag 15, Freitag 16.05.2014: Fußball und Könige
Der letzte Spieltag der spanischen Premiera Division steht an und Bernd Schusters Team aus Malaga empfängt zum Spitzenspiel den FC Levante. Es ist meine erste und einzige Chance auf ein live Fußballspiel in Malaga, wählerisch zu sein wäre dementsprechend fatal. Mit einer Gruppe von 12 Fußballbegeisterten sowie absolut Fußball-Planlosen marschieren wir also gegen 18:30 mit zwei Büchsen Bier bewaffnet in Richtung Stadion und freuen uns auf ein Feuerwerk der Emotionen. Die ersten davon keimen bereits während des Kaufs der Karten auf. Direkt vor dem Stadion bieten uns vertrauenswürdige, komplett tätowierte und selbstständig tätige Einzelhändler Karten zum Sonderpreis an, ein verlockendes Angebot mit 50% Preisnachlass direkt vor den offiziellen Ticketschaltern. Haben wir ein Glück! Zur Abwicklung des Kaufes müssen wir allerdings ein paar Meter von der Straße herunter und die Scheine sollen auch nicht offen den Besitzer wechseln – komische Geschäftsgebaren in Spanien, aber nun gut. Emotional geladen daher, da wir nicht ganz sicher sind, ob die erworbenen Papierfetzen jetzt tatsächlich den Weg ins Stadion oder auf die Polizeiwache bedeuten. Zur Sicherheit lasse ich allen Anderen den Vortritt am Eingang und halte mich dezent zurück – alles geht gut. Die Spanier sind halt doch ein liebes Volk.
Drinnen läuft es ebenfalls wie geschmiert, die Plätze sind erste Sahne, keine 15 Meter von der Außenlinie entfernt und in unmittelbarer Nähe unseres “Blonden Engels” (auch bei seinem letzten Auftritt in diesem Stadion, er wurde kurz zuvor entlassen). Während das Spiel so vor sich hin plätschert und keine wirklich nennenswerten Aktionen passieren, ist das einzig interessante unser absolut ahnungsloser Leoncito, der in regelmäßigem Abstand typische und astreine Frauenfragen/-statements in den Raum wirft (an alle Frauen, bitte verzeiht es mir): “Ist das ein großes Stadion!”, “Wie kommen die eigentlich auf das Balldesign?” oder “Die können aber weit schießen!” – Ich liebe ihn! Die zweite Halbzeit wird etwas unterhaltsamer und Malaga gewinnt 1:0 – naja, nichts besonderes aber es gab in meinem Leben langweiligere Freitagabende.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – so oder so ähnlich lautet das Motto von David und vor allem seinen beiden dänischen Mitbewohnerinnen. Mittlerweile ist es circa 23:20, dennoch bei weitem nicht die Zeit in Bars in der Innenstadt zu gehen. Vielmehr ist es notwendig, vorher ein wenig Karten zu spielen. So zumindest habe ich das verstanden. Das Spiel der Wahl lautet Kings – Könige! Simone und Nadia erklären mir in kurzen Zügen das äußerst komplexe Regelwerk und das vorrangige Ziel des Spiels: Trinken! Als ich mitbekomme, dass es sich um ein Trinkspiel handelt, will ich steil aus der Sonne kommen und schlage ein anderes Spiel vor, das ich während meiner Jugend häufiger spielte: Karten blasen. Alle Anwesenden lehnen mein Spiel einstimmig ab, da es “zu lange dauert!”. Man trinke nicht häufig genug, sagen die beiden dänischen Mädels im Alter von circa 22 Jahren. Ist klar, in unserer schnelllebigen Zeit ist es geradezu verpönt, wertvolle Minuten mit ineffektiven Trinkspielen zu verschwenden, wenn es doch ökonomischer funktioniert: denn mit Kings wird eine Grundregel der Ökonomie, das Min-Max-Prinzip, par excellence erfüllt. In möglichst minimaler Zeit sind alle Mitspieler maximal betrunken. Das erklärt sich ganz einfach aus dem bereits erwähnten, hoch komplexen Regelwerk.

Abwechselnd ziehen die Spieler eine der auf dem Tisch verteilten Karten und teilen deren Wert allen anderen Mitspielern mit. Zieht ein Spieler eine 7, so darf er 7 Schluck Getränk verteilen – entweder alle 7 an eine Person oder er teilt die 7 Schluck gerecht an alle Frauen auf. Zieht er die 6, darf er 6 verteilen, zieht er die 9, darf er 9 verteilen und so weiter. Noch einfacher wird es, wenn beispielsweise eine Dame gezogen wird – dann gibt es keine Entscheidung, es trinken einfach alle Mädels in der Runde. Bei den Buben trinken die Jungs und bei einer 10 einfach Alle – nicht das einer verdurstet. Das nennt sich dann “Wasserfall”. Eine gänzlich unökonomische Karte hingegen ist das As, denn sobald ein Spieler diese Karte zieht, muss sogar gedacht werden. Der Spieler darf eine Aufgabe stellen, beispielsweise: “Nenne eine Fast-Food-Kette!”. Reihum müssen nun die Mitspieler McD, KFC, BK, etc. sagen, bis einem Spieler keine mehr einfällt – dann muss derjenige/diejenige trinken. In seltenen Fällen und gerade zu Beginn des Spieles kommt es bei dieser Karte vor, dass 2-3 Minuten am Stück keiner etwas trinken muss. Ich plädiere dafür, diese Karte auszusortieren – sie wird dem Sinn des Spieles einfach nicht gerecht! Anstatt dessen sollte bei einem Ass jeder mit der linken Hand einen Schluck aus dem Glas des rechten Nebenmannes/der rechten Nebenfrau nehmen, wäre doch wieder effektiver und spart Zeit! Und tut er es nicht mit der linken Hand, trinkt er sofort noch einmal, Basta!
Wie dem auch sei, wir spielen die “abgeschwächte Variante” mit Ass = Aufgabe. Trotzdem dauert unsere illustre Kartenrunde nicht länger als 45 Minuten ehe alle mas o menos “angezwitschert” sind. Laut Nadia und Simone genau der richtige Zeitpunkt um endlich weiter in die malagenesischen Bars zu ziehen. Richtig, was ich jetzt brauche ist erste einmal ein ordentlicher Drink, es gab ja gerade fast nichts! Bis in unsere Stammkneipe Monkey House schaffen wir es noch. Nachdem wir (David und ich) hier jedoch innerhalb kürzester Zeit eine Partie Tischfußball mit 7:0 gegen zwei Spanier verlieren, sehen wir ein, dass unsere motorischen Fähigkeiten an diesem Abend kein Weiterziehen mehr erlauben und begeben uns nach Hause. Was lernen wir daraus? Nach dem Spiel ist vor dem Spiel aber Kings verträgt sich nicht mit Tischfußball!
😀 genial
Und man kriegt dich am morgen danach nicht wach um sich zu verabschieden 😉
Herzerfrischend ist das. Habe den abend quasi nochmal durchlebt. Zu dem Kickerspiel kann ich nur sagen: die Chancen hatten wir, aber die Tore haben die anderen gemacht. So ist eben Fußball…
Die Abwehr stand ja wie ne Eins, nur vorne war es halt dünn 😉
Bischi, soeben habe ich mal Zeit gefunden um deinen Blog zu lesen, sehr sehr geil!!! Lediglich vermisse ich die Idee bei den Trinkspielen “Dobbi” vorzustellen, vielleicht wirst du ja mit einer spanischen Version auch reich?! 😀 Grüße aus Berlin
Haha, das ist zu komplex für die heutige Jugend 😉
In dem Spiel muss man versuchen, von jemandem eine Socke geschenkt zu bekommen. Wer als erster eine hat, hat gewonnen!! 😀
Ist das eins von den Spielen, wo man so viel denken muss und so wenig saufen kann? 😉