Tag 463 bis Tag 480, Donnerstag 06.08. bis Sonntag 23.08.2015 – ‘Der Hundertjährigen der aus dem Fenster sprang und verschwand‘ – Wie ich Jonas Jonassons’ Romanfigur am Strandhaus in Costa Rica traf.
Alleine in einem Strandhaus an der Playa Conchal im Norden Costa Ricas lebe ich einige Wochen weit entfernt von jeglicher Zivilisation. Mein guter Freund Tino und seine Tochter Sophie verbringen die ersten Tage mit mir. Danach bin ich tatsächlich alleine. Unter Palmen am menschenleeren Strand möchte ich entspannen, lesen und das Projekt ‘Mein Reisebuch‘ beginnen.


Costa Rica erscheint mir hierfür der ideale Ort. Die Mentalität der Menschen ist einfach zu beschreiben: PURA VIDA. Einfach übersetzt bedeutet es lediglich pures Leben, der Sinn der Phrase in Costa Rica ist jedoch weitaus tiefgründiger. Eternal optimism, ewiger Optimismus soll der Schlüssel zu einem zufriedenen Leben sein. Pura Vida könnte heißen, dass egal wie miserabel deine derzeitige Situation auch zu sein scheint, es gibt immer jemanden, der mit noch weniger Glück das Leben meistern muss. Von der Seite betrachtet, ist vielleicht, nur vielleicht, deine eigene Situation gar nicht sooo schlecht. “Egal wie viel oder wenig man hat, wir sind alle zusammen auf dieser Welt und das Leben ist kurz….also Leb das Leben Pura Vida.” erklärt mir ein Tico (Costa Ricaner).
Tatsächlich scheinen die Menschen diesen Gedanken zu verinnerlichen. Pura Vida begegnet mir überall. Es wird in alltäglichen Gesprächen als Synonym für ‘Mir geht es gut‘, ‘Auf Wiedersehen‘, ‘That’s life‘, ‘Nimm’s locker‘ und vieles mehr verwendet. Vielleicht ist das der Grund, warum laut Glücksforschung in Costa Rica die zufriedensten Menschen leben. Sicherlich hat es nichts mit Wohlstand zu tun, denn viele einfache Leute arbeiten für Hungerlöhne gemessen an den Lebensmittelpreisen. Fleisch oder Fisch kommt nur selten auf den Tisch, gegessen wird morgens, mittags abends vielerorts Gallo Pinto, Bohnen mit Reis. Ich frag mich manchmal, wie sehr Pura Vida wir in Deutschland mit Bohnen und Reis wären. Nach über einem Jahr auf Reise wird mir unsere eigene, latente Unzufriedenheit immer unverständlicher. Ab jetzt lebe ich mehr Pura Vida und weniger Pura Meckern.
Der Hundertjährige Der Hundertjährige in Costa Rica ist erst 82, kann es aber mit den Geschichten Jonassons’ Romanfigur ebenbürtig aufnehmen. “Weisst Du, mit 19 wurde ich Waffenhändler. In den 70er hab ich Gaddafi zwei Tarnflugzeuge komplett aus Kunststoff verkauft. Weiß überhaupt nicht, warum er mit denen nicht geflohen ist. Das war ein komischer Typ, der Gaddafi.” erzählt mir, nennen wir ihn einmal Bernd, kurz nachdem wir uns kennengelernt haben. Aufgrund seiner nicht minder schweren Probleme mit der deutschen Justiz, floh er irgendwann zwischen ’81 und ’83 nach Costa Rica. Als Kiezgröße in Hamburg, Nachtclub-Besitzer von Teneriffa bis Hannover und Schmuggler von Gold und Diamanten verdiente er Millionen und Abermillionen. Als Basis für diese kriminelle Karriere diente sein Zahntechniker Studium sowie seine vierjährige Zeit bei der Bundeswehr, in der er zum Kampftaucher, Starfighter und Hubschrauber Piloten ausgebildet wurde und verdeckt mit den Amerikanern in Vietnam kämpfte. Jetzt in Costa Rica muss er sich mit Geldwäschegeschäften für kolumbianische Drogenkartelle herumschlagen, wenn er nicht gerade Kokainpäckchen am Strand findet. “Aber nicht mehr lange. Weisst Du Daniel, ich bin der einzige Quandt Erbe. Miene Tante ist ja kürzlich verstorben. Aber das Finanzamt will meine Erbschaft noch nicht anerkennen. Ich warte jeden Tag auf die Papiere aus Deutschland. Egal. Kannst Du mir mal 100,- Dollar leihen?” Passiert mir auch nicht jeden Tag, dass mich die Quandts um Geld anpumpen.
Achja, woher kenne ich Bernd eigentlich. Bernd ist Gärtner in der Strandvilla, in der ich gerade wohne. Sicherlich der best ausgebildete und gefährlichste Gärtner der Geschichte. Ein James Bond mit Spitzhacke und Pflanzendünger. Aber Bernd macht Spaß, meine einzige Unterhaltung in der Abgeschiedenheit und ein echt feiner Kerl. Wir trinken einige Rum Cola zusammen und ich folge gespannt seinen Geschichten. Ansonsten passiert hier wirklich nichts. Strand, Pool, Essen, Trinken….Pura Vida eben.
Na, das sind ja dolle Geschichten, die dein Gärtner da erzählt. Im puncto Quandt-Erbe hat er wohl ein bissschen zu viel “pura vida” getrunken, wie? 😉
sieht auf jeden Fall sehr schick aus, dein Häusle! Mach dir eine schöne Zeit, wir genießen schon die ersten frischeren Herbsttage 🙂