Tag 4, Montag 05.05.2014 – mein erster Schultag
Ohne Schultüte aber hoch motiviert beginnt heute mein fünfmonatiger Spanischkurs in der Sprachschule Debla. Gemeinsam mit meinen beiden WG-Mitbewohnern Heidi und Leon, die sich hier in Málaga bereits bestens auskennen, schlendern wir in spanischer Gelassenheit entlang der Strandpromenade in Richtung Schule. Langsam wird mir bewusst, dass das hier mein Zuhause für die nächsten Monate sein wird. Früh morgens (naja, es ist kurz vor 9 Uhr) scheint die Sonne bereits kräftig und es weht ein angenehmer Wind. Kein Vergleich zum tristen Aprilwetter Deutschlands, das ich noch vor drei Tagen ertragen musste und dem ich nur zu gerne entkomme.
“!Hola, que Tal!” brüllt es bereits am Eingang der Sprachschule und ich habe keine Ahnung wer oder was damit gemeint ist. Es folgt eine Aneinanderreihung von Worten, Buchstaben, Aufforderungen oder Fragen…ich weiß es nicht. Allerdings schaut mich die Person, eine kleine, braunhaarige und offensichtlich durchgeknallte Spanierin mit großen Augen an und wartet auf eine Reaktion…von mir…??? Wie sich später herausstellt, ist es die Chef-Lehrerin der Schule, die mich lediglich freundlich begrüßt und mir einen Einstufungstest austeilt. “Hello, I am Daniel” antworte ich und breche damit bereits bei Ankunft das oberste Gebot der Schule: “Solo hablar Espanol es permitido en la escuela!” – Nur Spanisch ist erlaubt! Also gebe ich mein Bestes und versuche mich an dem schriftlichen Spanischtest – es hätte genauso gut Suaheli, Arabisch oder irgendeiner Würmchenschrift sein können! Ich scheitere bereits beim Datum und trage meine Adresse in das Feld ein. Alles weitere ist ein Ratespiel par excellence mit einer 25-prozentigen Trefferchance auf die richtige Antwort. Voller Stolz gebe ich mein Antwortblatt mit dem Muster a, b, c, d, d, c, b, a etc. ab und warte auf mein Ergebnis. Dies lässt jedoch noch länger auf sich warten, da nach dem schriftlichen Test auch noch eine mündliche Prüfung folgt (war meine Trefferquote wirklich so gut?). Bereits nach der zweiten Frage wird die Unterhaltung rigoros abgebrochen und ich werde als absoluter Anfänger eingestuft – geht doch. Höchstwahrscheinlich war es die schnellste mündliche Prüfung, die die Schule je erlebt hat. (Das erinnert mich an eine ehemalige Kollegin, die nach einem Einstellungstest folgendes zu hören bekam: “Frau XYZ, die positive Nachricht ist, dass noch nie jemand den Test so schnell beendet hat wie sie, die Negative ist, dass auch noch nie jemand so schlecht war!”)
Wie auch immer, mein erster Schultag endet bereits nach wenigen Minuten und ich kann mich wichtigeren Dingen widmen. Beispielsweise wäre da noch das Problem mit Trixers Auto – wo kann ich das bloß parken ohne dass mein Onkel jede Woche zwei bis drei Strafzettel bekommt? In Málaga scheint überall Anwohnerparken zu sein. Ich breche also noch einmal die Regel des ‘nur Spanisch’ und frage im Büro nach einem geeigneten Parkplatz für die nächsten Monate. Man hat Mitleid und erklärt mir den Weg zu einer nahe gelegenen Straße, in der zwar Parkverbot herrscht aber die Polizei normalerweise nie nie nie nie hinkommt. Alla hopp, dann vertrauen wir mal darauf und parken das Fahrzeug um von einem Halteverbot zum nächsten Halteverbot. Und das wars dann auch schon an anstrengend Tagesaktivitäten..noch kurz Einkaufen und dann ab an den Strand.

Tag 5, Dienstag – mein erster richtiger Schultag.
9 Uhr beginnt der Unterricht. Meine Klassenkameraden für diese Woche: Eine Schweizerin, 3 Rentnerinnen aus Deutschland und Dänemark sowie mein 18-jähirger Mitbewohner Leon. Juan, unser Grammatiklehrer, befolgt strikt das Motto der Schule und beginnt mit seiner Vorstellung (jedenfalls glaube ich das, denn es kommt sein Name, der Ort Malaga und Espanol in den Sätzen vor). Anschließend sind wir an der Reihe und verbringen die ersten 60 Minuten Spanischunterricht mit gegenseitigen Vorstellungen. In meinem Fall beschränkt es sich auf Gestiken gepaart mit einzelnen Worten wie Daniel (Fingerzeig auf mich), Karlsruhe (Fingerzeig in Richtung Deutschland), Alemania (gleicher Fingerzeig wie zuvor) und Anos (Fingerzeig 2 x 3) – alle haben es verstanden, klappt doch. Ich glaube hier gefällt es mir, die Lehrer (Juan, Amaya, Toni, Pepe und Raul) sind durch die Bank weg gut gelaunt, geduldig und verstehen sich darin, Anfängern Spanisch auf eine humorvolle Art und Weise beizubringen, ohne Deutsch oder Englisch zu sprechen. Genau so habe ich mir das vorgestellt und freue mich auf die bevorstehenden 20 Wochen Sprachkurs.
Für den Abend ist eine Tapas-Safari über einen Veranstalter der Schule geplant. Wohl die optimale Gelegenheit, andere Schüler, spanische Restaurant und die Innenstadt Malagas kennenzulernen. All inclusive für 15,- €. Am Treffpunkt zur Safari komme ich mir allerdings mehr wie ein Zivi als ein Sprachschüler vor. Mit Ausnahme von Leon und Franziska haben alle anderen Teilnehmer bereits das Rentenalter erreicht und sind eher klassisches Kaffeefahrt als Tapas-Safari Publikum. Dennoch (oder gerade deswegen) wird es ein extrem witziger Abend und wir kosten in verschiedensten Lokalen Tapas und Weine. Der Preis ist absolut gerechtfertigt und die Innenstadt Malagas ist einfach toll. Kleine verwinkelte Gassen mit zahlreichen kleinen und großen Tavernen, die zum Eintreten und Sitzenbleiben auffordern – sehr, sehr schön.
Tag 5, 6 und 7 – Mittwoch bis Freitag
Schule ist mittlerweile Routine 😉 Morgens 2 Stunden Grammatik, danach 2 Stunden Konversation (was in unserem Fall eher ein Monolog des Lehrers mit einsilbigen Antworten unsererseits ist) und zum Abschluss Einzelunterricht. Am Ende der ersten Woche habe ich sogar das Gefühl, mich beinahe fehlerfrei vorstellen zu können und nicht mehr zu sagen: “Hallo, mein Name ist Deutschland und ich komme aus Daniel!”.

In der wenigen Freizeit erkunde ich die Umgebung Malagas mit dem Rennrad. Obwohl unser Apartment zentral mit besten Anbindungen in der Stadt liegt, benötige ich lediglich 10-15 Minuten bis ich mit dem Rad die Einsamkeit der Berge erreiche und tolle Anstiege fahre. Wobei Einsamkeit nicht ganz zutrifft- die Spanier sind auch radverrückt. In punkto Toleranz und Rücksichtnahme klafft eine große Diskrepanz zwischen spanischen und deutschen Autofahrern…und zwar im positiven Sinne. Obwohl ich auf einer Hauptverkehrsstraße im Berufsverkehr fahre, werde ich weder angehupt noch angepöbelt. Auf meinem Rückweg nach Malaga muss ich sogar für eine kurze Zeit auf einer Autobahn/Schnellstraße fahren, zunächst auf dem Standstreifen und danach eben auf der rechten Spur – kein Problem. Weder Polizei noch LKW Fahrer scheinen ein Problem zu haben. In Deutschland wäre sicherlich schon eine Verkehrsmeldung über einen wahnsinnigen Suizidgefährdeten im Radio gekommen. Zum Glück habe ich mein Rennrad dabei.
Zwischenbericht zu Trixers Auto – aka “mein Reisemobil”:
Neben einer beinahe fehlerfreien individuellen Vorstellung in spanischer Sprache, lehrt mich die erste Woche noch eine weitere Lektion: Vetraue nie nie nie jemandem, der sagt, die Polizei kommt da nie nie nie hin!
Es ist Mittwochabend und obwohl eine Mitarbeiterin der Schule mir ja eindeutig sagte, dass ich mein Auto völlig ohne Sorgen im Halteverbot nahe der Schule abstellen könne, da hier ja nie nie nie die Polizei vorbei kommt, mache ich mir ein wenig Sorgen und will einfach mal schauen, ob Trixer mittlerweile bald wieder einen Strafzettel aus Spanien und internationale Treupunkte bekommt. Schon während des Abbiegens in die Straße überkommt mich ein flaues Gefühl, da ich auf den ersten Blick mein Reisemobil nicht erspähe. Vielleicht ist es ja nur von einem anderen Auto verdeckt? Umso näher ich allerdings komme, desto gewisser wird es – anstelle meines Autos klebt nur noch ein Aufkleber auf dem Boden, wo einst Trixers Auto stand. Ich bin keine drei Tage in Spanien und schon ist mein Auto abgeschleppt durch die fleißigen Bienchen des Ordnungsamtes Malaga. Wie sich später herausstellt, wurde es sogar noch am Montagabend abgeholt, also keine 12 Stunden, nachdem es dort geparkt wurde…in einer Straße, in der nie nie nie etwas passiert! Naja, 1 Stunde später und knapp 100,- Euro ärmer fährt der Toyota Corolla wieder Richtung Sprachschule, um nun an einem wirklich wirklich wirklich sicheren Platz so ganz ohne Halteverbot abgestellt zu werden. Ich bin mal gespannt, wie lange das gutgeht. Zu allem Überfluss muss ich die anfallenden 100,- Euro auch noch sofort bezahlen, also quasi Trixer vorstrecken (@Trixer: IBAN DE660501016483726374, BIC38476294 – bitte 100,- Euro überweisen! Oder soll ich ne Rechnung schicken? El Vehiculo KAV301 ist ja schließlich Deins).

Eine Randnotiz: Obwohl unsere WG derzeit eigentlich nur aus 3 Mitbewohnern besteht, befinden sich permanent 4 Personen im Apartment. Heidi’s Freundin Yue (gesprochen und fortan geschrieben: Üe), eine 1,50 große Chinesin, die ebenfalls einen Sprachkurs bei Debla absolviert und für 14 Tage in Malaga ist, kapert unsere Gemeinschaftsräume (Küche und Wohnzimmer) seit meiner Ankunft. Besonders ihre ausnahmslos kläglich scheiternden Kochversuche muss ich an dieser Stelle erwähnen, da sie mich doch ein wenig an meine geliebte Schwester erinnern. Wobei Üe meine Schwester um ein vielfaches toppt! Dienstag stand unsere Küche beinahe in Flammen, als Üe versuchte sich ein Stück Hühnchenfleisch zu braten, gestern lies sie Reis anbrennen und heute schaffte es sie sogar, schwarze Rühreier zu “kochen”! Ihr Alternativprogramm der letzten Tage: Ab zum Supermarkt und ne Tüte Chips und Schokolade zum Abendessen kaufen. Meine Schwester besaß wenigstens die Kreativität sich eine Pizza zu bestellen! Und genau diese Chinesin fragte uns, ob sie am Samstag eine Abschiedsparty für eine befreundete Chinesin in unserer Wohnung geben darf…aus Höflichkeit und in Aussicht einer netten Party stimmte ich natürlich zu…