Tag 552 bis Tag 557, Dienstag 02.11. bis Sonntag 07.11.2015 – Okavango Delta, Moremi und Chobe Nationalpark: Wo Löwen Büffel fressen und ein Alkohol abstinenter Ire uns in den Wahnsinn treibt.
Direkt am Okavango Delta gelegen ist Maun der ideale Starpunkt für Safaris im tierreichen Norden Botswanas. Allerdings haben wir noch keine Idee, was genau wir machen wollen. Eine Safari mit einem traditionellen Mokoro (kleines Holzboot), eine Lodge Mitten im Okovango Delta, eine geführte Safari im Jeep? Das Angebot ist riesig. Während wir am Campingplatz das Angebot durchsehen, lernen wir Sean, einen Iren kennen. „Hey, sollen wir uns nicht vielleicht eine Tour teilen, dann wird der Einzelpreis pro Person günstiger?“ Klingt nach einem vernünftigen Vorschlag. Also machen wir etwas zusammen, erst einmal egal was.

Beim Frühstück treffen wir dann noch Wolf und Barbara (angus-on-tour.de), zwei Münchner im Landrover Angus mit ähnlicher Route wie wir sie haben. Sie geben uns den Tipp, mit dem eigenen Auto erst in den Moremi Nationalpark und dann weiter über den Chobe Nationapark nach Kasane zu fahren. Die Strecke haben sie gerade hinter sich. Anstatt einer geführten Tour, starten wir also wieder alleine…bzw. fast alleine. Dem Iren bieten wir an, uns zu begleiten. Unser eigentlicher Ruhetag wird also wieder stressig. Parkgenehmigungen besorgen, Zeltplätze buchen, Treibstoffreserven auffüllen, Verpflegung kaufen und so weiter. Sean begleitet uns zwar, macht aber nicht den Eindruck, als würde er sich um sonderlich viel kümmern wollen. Ein paar Erdnüsse, ein paar Früchte, zwei Tüten Milch – das sind seine Einkäufe für knapp drei Tage in abgelegenen Parks. Naja, vielleicht hat er ja alles andere schon im Rucksack. „Hey Sean, hast Du genug Wasser?“ frage ich ihn. Da rennt er schnell zurück und holt noch 5 Liter Wasser. Junge, ist der verplant.

Beim Braai (Grillen) mit Wolf und Barbara versuchen wir unser erstes Brot über offenem Feuer in einem gusseisernen Topf zu backen. Ich mach das Feuer, Susi den Teig. Nach 40 Minuten Backzeit öffnen wir erwartungsvoll den Topf. Der Teig ist zwar nicht aufgegangen, dafür hat er sich doch merklich in Konsistenz und Farbe verändert. Außen zumindest. Hart und schwarz. Wir haben ein 15 Zentimeter großes Brikett produziert. Innen ist der Teig dafür noch schön roh. Wolf und Barbara lachen sich kaputt. Wir auch so ein bisschen 😉
Zum Glück haben wir ausreichend Alternativen an Sättigungsbeilagen zum Rinderfilet. Ach ja, Sean grillt natürlich auch mit. Besser gesagt: Isst mit. Erst als alles fertig ist, lässt er sich für 10 Minuten zum Essen blicken. Ohne Teller, ohne Messer, ohne Gabel. Das muss Barbara für ihn bereitstellen. Danach verschwindet er wieder und schlägt sogar ein Glas Wein aus: „Sorry, ich trinke keinen Alkohol!“ Spätestens jetzt wird mir der Ire suspekt. Ein Ire, der keinen Alkohol trinkt. Da kann doch was nicht stimmen. Müssen Wolf und ich eben ein bisschen mehr trinken. Die Lektion aus der Kalahari hielt keine 24 Stunden!

Am nächsten Morgen geht es los. Mit Uhuru in den Moremi Nationalpark im Okavango Delta. Die knapp 100 Kilometer bis zum Haupttor führen wieder einmal über harte Wellblech-Pisten. Mit Stoßdämpfern aus 1988 kein sonderlich großes Vergnügen. „Fahrt doch einfach schneller.“ meint der Ire vom Rücksitz. „Außerdem stimmt mit Euren Stoßdämpfern was nicht. Ich kenn mich da aus. Die sind zu laut!“ Ah ja, jetzt haben wir einen Profi dabei. „Willst Du fahren, Sean?“ frage ich ihn. „Ja klar. Cool. Ich mach mir nur noch schnell Oropax rein.“ Ich dachte er macht einen Witz, als er aus seiner Tasche neon-orangefarbene Gehörschutzstopfen herauszieht. Beim Auto fahren etwas hören? Wird überbewertet. Der Ire macht das mit Gefühl am Gasfuß!



Kurz nach dem Tor zum Park verändert sich die Piste von hartem Sand in tiefen, weichen Sand. Keine 20 Minuten später hat sich unser Ire festgefahren. Uhuru steckt in einer Sandkuhle und will nicht mehr weiter. „Der ist einfach ausgegangen!“ meint Sean. Klar, wenn man im dritten Gang ohne Drehzahl fast in Schrittgeschwindigkeit in eine Sandkuhle fährt und wegen der Oropax nicht hört, wie der Motor absäuft, ist natürlich das Auto Schuld. Zum Glück kommen kurz später zwei Autos mit acht Touristen vorbei. Eine Art polnischer Robert Geißen in Jeans Jacke und blond gelockten Haaren übernimmt das Steuer und alle anderen schieben an. Wir sind wieder frei, und Sean ist auf die Rückbank verbannt.
Auf dem Weg zu unserem Camp 3rd Bridge sehen wir eine Herde von 15 Elefanten und eine Herde Zebras, die um unser Auto herum laufen. Keine fünf Meter entfernt. In den ersten zwei Stunden haben wir insgesamt mehr Tiere gesehen als in drei Tagen Kalahari.
„Gibt es hier W-Lan?“ ist die erste Frage, die Sean dem Ranger am Eingang zu unserem Camp stellt. Im Wildnis-Camp! Es gibt hier keinen Zaun um die Zeltplätze, nachts können Hyänen und Löwen direkt an unserem Zelt vorbei laufen und man muss komplett Selbstversorgt sein. Aber der Ire sorgt sich um W-Lan. Seine zweite Frage lässt die erste jedoch beinahe harmlos erscheinen: „Was gibt es denn heute zum Mittagessen?“ Die Frage galt uns. Susi und mir. Der Junge hat für drei Tage Nationalpark wirklich nicht mehr dabei als die genannten Erdnüsse, zwei Packungen Milch, Früchte und fünf Liter Wasser. Susi und ich sind scheinbar für seine Verpflegung verantwortlich. Außerdem hat er weder Essgeschirr, Teller, Tasse, Kaffee, Isomatte noch sonst irgendetwas. Zum Glück hat er sein eigenes Zelt und will nicht bei uns in der Mitte schlafen. Ein Ire, der keinen Alkohol trinkt. Ich hätte es wissen müssen.
Während wir ausreichend Spaghetti mit Tomatensoße zubereiten, geht Sean erst einmal duschen. „Ach ja Daniel, die Zwiebeln und Pilze für die Spaghetti hätte ich gerne separat und gut durch.“ Boah, der Typ ist echt dreist! Ihn bei den nächsten Löwen einfach aus dem Auto zu werfen, wird eine ernsthaft zu erwägende Lösung.

Bei unseren Game Drives (Pirschfahrten) sehen wir unglaublich viele Tiere. Zebras, Antilopen, Warzenschweine, Elefanten, Giraffen, Büffelherden, Nilpferde, Affen, Hyänen und das Highlight der Tour: fressende Löwen. Gestern Nacht haben Löwen einen Büffel gerissen und machen sich über ihn her. Im offenen Auto stehen wir fünf Meter daneben, ein Fotograf von National Geographic steigt sogar aus und legt sich neben sein Auto. Die Löwen sind so mit Essen beschäftigt, dass es sie nicht interessiert. Nur die ankommenden Geier werden mit einem strengen Blick vertrieben.



Die Nächte im Moremi Nationalpark sind alles andere als tiefen-entspannt. Unser Campingplatz ist weder umzäunt, noch gibt es bewaffnete Ranger. Während alle anderen Safari-Touristen in ihren Dachzelten auf dem Auto schlafen, liegen Susi und ich in unserem winzigen Zelt auf dem Boden. „Da passiert schon nix, aber nachts besser nicht raus gehen!“ sagen die Ranger. Keine Sorge, hier gehe ich nachts nicht vors Zelt zum Strullern. Lieber kaufe ich eine Magnumpackung Granufink für Blasenschwäche oder verrichte mein Geschäft in eine alte Wasserflasche im Zelt. Tatsächlich laufen um unser Zelt nachts auch Tiere. Ob es jetzt ein tonnenschweres Hippo ist oder vielleicht doch ein Rudel Hyänen, können wir nicht mit Bestimmtheit sagen. Ist aber auch egal. Ob totgetrampelt oder aufgefressen ist im Endresultat dasselbe. Aber wir überleben! Sean übrigens auch. Es ist tatsächlich sicher im Zelt auf dem Boden.


Am dritten Tag trennen wir uns von unserem irischen Reise-Etappen-Freund und fahren alleine durch den Chobe Nationalpark nach Kasane. Er hat eine Mitfahrgelegenheit zurück nach Maun gefunden und wir können ohne Umwege direkt nach Kasane weiterfahren. Bei unserer ‚Abrechnung’ hinsichtlich Beteiligung an Kosten erdreiste ich mich, zusätzlich zum Sprit und seinen Einkäufen (die ich bezahlt hatte) auch einen kleinen Obolus für die fünf Mahlzeiten zu erbeten, die er von uns bekommen hat. „Fünf Mahlzeiten, fünf Euro“ war mein Vorschlag. Das war ihm dann doch zu viel und er begann zu Handeln. Eine dreitägige Safari hätte ihn pro Tag 100-120 USD gekostet, Ich verlange insgesamt 30 USD für Sprit, seine Einkäufe und fünf Mahlzeiten. Und der Typ will handeln. Unglaublich.
Die Lektionen des Trips: Brot backen will gelernt sein, der Zelteingang bleibt zu und nüchternen Iren vertraut man nicht.
Okay, für meine nächste Reise: Erst Beerpong à la Málaga mit dem Iren spielen, DANN ein Mitfahrangebot machen. Ist notiert. 😀