Tag 111 bis Tag 118, Freitag 22.08. bis Freitag 29.08.2014 – Campen, Wandern, Planlos sein
Spontanität ist ein Vorteil der Planlosigkeit! Abends im Zelt entscheiden wir, die nächsten zwei Tage zu Fuß der Westküste Portugals zu folgen. Über 21 Tagesetappen schlängelt sich hier die Rota Vicentina entlang imposanter Steilklippen, abgelegener Buchten mit fein-weißem Strand, uriger Fischerdörfer und duftender Pinienwälder (könnte fast aus nem Reiseführer sein). So geil es sich anhört, so geil ist es auch. Wir entscheiden uns für 2 Tagesetappen zwischen Odeceixe und Almograve und staunen über die gerade beschriebene Vielfalt der Natur. Einfach schön.


Aber auch richtig anstrengend und lange. 19 Uhr erreichen wir Zambujeira de Mar, natürlich ohne einen Plan, wo wir nächtigen können. Die ersten beiden Bruchbuden – was anderes sind sie nicht – erscheinen maßlos überteuert und zwingen uns nach über 20 km Tagesetappe noch weiter im Dorf nach einer Bleibe zu suchen. Englische Verständigung ist schwierig, mein Spanisch entweder schlecht oder die Portugiesen wollen nicht so richtig. 20 Uhr finden wir das einzige Hostel des Kaffs und tatsächlich gibt es noch 2 freie Betten. 20 € je Bett in einem 6 Personen Dorm ist ein stolzer Preis. Dafür gibt der Gemeinschaftskühlschrank so einiges her und wurde kürzlich erst prall gefüllt. Wir plündern und füllen unsere Vorräte für den nächsten Tag. Nichts spektakuläres: Wurst, Käse, Tomaten, Oliven, Marmelade – das selbe wie seit Tagen. Low Budget Reisen ist eben kein Zuckerschlecken (oder Trüffelessen). Unsere Kleidung ist rot vom feinen Sand der Klippenpfade, Ersatzkleidung: Fehlanzeige. Wir habe nur einen Rucksack mit dem Notwendigsten dabei: Quasi iPhone, Kindle, Ladekabel, Zahnbürste und Proviant – wer braucht schon Wechselkleidung ;-). Nach dem Duschen wieder in die selben Sachen, das macht Spaß.


Zur Abwechslung gibt es mal Rührei aus dem Gemeinschaftskühlschrank von Chefkoch Babs. Natürlich mit Käse. Irgendwie ist alles mit Käse. Wurst mit Käse, Tomaten mit Käse, Marmelade mit Käse und jetzt eben Rührei mit Käse. Eine Konstante braucht man ja im Leben.
Das Wandern an Tag 2 ist ähnlich wie an Tag 1, allerdings ohne Verlaufen. Gestern musten wir über Zäune klettern, um wieder auf den richtigen Weg zu gelangen. Schneller sind wir auch, erreichen Almograve bereits gegen 16 Uhr. Trixers Auto steht mittlerweile knapp 50km entfernt in Odeceixe. Naturgemäß haben wir uns vorher keine Gedanken darüber gemacht, wie wir dorthin zurück kommen könnten. Wird schon irgendwie klappen, lautet die Devise. Option 1, Bus: es gibt offensichtlich keine direkte Verbindung und in südliche Richtung fährt nur 1 x am pro Tag ein Bus, immer morgens! Option 2, Taxi: Über 50,- € – das ist mehr, als wir die letzten 5 Tage für Essen ausgaben. Option 3, per Anhalter fahren: Ja warum nicht, kann klappen.

30 Minuten fahren alle, wirklich alle Menschen an uns vorbei. Manchen entschuldigen sich komisch gestikulierend, die meisten ignorieren uns in die andere Richtung schauend. Das hab ich mir anders vorgestellt. Letztlich erbarmt sich ein älterer Portugiese im Pickup. Wir steigen ein, fahren los! Endlich. „Wohin wollt Ihr?“ – „Richtung Süden, am Ende nach Odeceixe aber jedes Ziel ist uns recht.“ – „Das ist doof, ich muss da vorne nach links abbiegen!“ Links, Links, Shit, das ist Norden. An der nächsten Kreuzung steigen wir wieder aus. 500m – das hat sich gelohnt! Wenn das so weiter geht, kommen wir erst 2015 bei Trixers Auto an. Die nächsten 30 Minuten passiert wieder nichts. Langsam werde ich pissig und überlege, die 50,- € fürs Taxi zu bezahlen als ein Kombi an uns vorbei rauscht. 50m weiter macht er eine Vollbremsung gefolgt von einem U-Turn – auf einer befahrenen Landstraße. Bernard und Miguel sammeln uns auf: „Wohin wollt Ihr?“ – „Grob Odeceixe!“ – „Okay“ – „Was okay“ – „Wir haben keinen Plan bislang, wir fahren Euch nach Odeceixe!“ Wie geil ist das denn? Zwei Typen, die auch planlos unterwegs sind, nehmen uns mit und fahren uns 50km zu unserem Ziel. Starke Aktion Jungs. Die nächste Frage überrascht mich dann allerdings ein bisschen. „Steht Ihr auf Doors und Mariuhana?“ sagt Miguel und steckt sich dabei einen Joint an. Wohlgemerkt, er ist der Fahrer. Zeit sich anzuschnallen!

An unserem letzten Tag in Portugal fahren wir an den südwestlichsten Punkt des europäischen Festlandes, Cabo de Sao Vicente. Hier gibt es ‚Die letzte Bratwurst vor Amerika‘ (Deutsche Imbissbude) – für uns gibt es aber…na was wohl? …Richtig…Marmelade und Käse, Wurst und Käse, Tomaten und Käse. Ein letzter Strandtag, ein letztes mal Campen. Wir finden dann auch tatsächlich den teuersten und zugleich am schlechtesten ausgestatteten Campingplatz in Südportugal. Kein WiFi, Keine Grillstellen, Keine Bar, Pool schließt 17 Uhr – einfach schlecht. Der letzte Abend abverlangt dementsprechend nochmals besondere Kreativität. Taktisch gewieft wählen wir unseren Zeltplatz direkt neben einem englischen Langzeitcamper-Pärchen. Die Räder ihres Wohnwagens sind abmontiert, die Achsen verrostet. Die wohnen hier wohl schon seit Jahren, also sollten sie gefälligst auch einen Grill besitzen. Es kommt besser – kurz nachdem wir angekommen sind, setzen sie sich in ihr Auto und gehen. Wir können nicht nur den Grill ganz für uns alleine habe, sondern dazu auch Grillbesteck und alles andere, was wir brauchen. Nette Menschen, diese Engländer. Während ich das Zelt stelle, macht Babs höchst motiviert ihre erste Grillglut und bereitet unsere wundervollen TK Cheeseburger zu. Ein Profi am Werk, wie das Bild beweist!

Unser kurzer Roadtrip durch Portugal endet Morgen, nächstes Ziel: Marokko. Auch wenn das planlos sein manchmal chaotische Situationen mit sich bringt, es ist eine wundervolle Art zu reisen. Morgens nicht zu wissen, wo man abends sein wird, eröffnet Möglichkeiten. Man lernt zudem, dass alles funktioniert, ist man nur ein wenig kreativ, flexibel und anpassungsfähig. In Marokko sollten wir das noch einige Male erleben…