Java – 5 Tage Städte, Tempel, Minibusse

DSCN3511Tag 222 bis Tag 227, Freitag 12.12. bis Mittwoch 17.12.2014 – von Kuta (Bali) nach Jakarta (Java) mit Minibus, Fähre, Zug und Roller. In 5 Tagen 3 Städte, Vulkane, Tempelanlagen und knapp 44 Stunden auf der Straße.  

Das dekadente Bali-Luxusleben mit privatem Chauffeur, teueren Unterkünften und geführten hat ein Ende. Ab heute ist wieder Low-Budget angesagt und folglich entscheide ich mich für eine Weiterreise von Kuta (Bali) nach Probolinggo (Java) mit Minibus und Fähre anstelle des etwas teureren Flugzeugs. Die 10 Stunden Fahrt inklusive Fähre, Drinks und Abendessen machen insgesamt 13,33 €. Okay, die Reisezeit ist etwas unglücklich, da ich gegen 4:30 Uhr in der Nacht an meinem Ziel ankomme und erst am nächsten Morgen ab 7 Uhr die Minibusse nach Cemoro Lewang fahren. Mein Ausgangspunkt für zwei Tage Trekking in der wohl bekanntesten Vulkanlandschaft Javas rings um den Bromo. Ab 7 Uhr bedeutet natürlich nicht, dass um 7 Uhr auch ein Bus fährt. Das wäre ja einfach. Nein, es wird erst dann gefahren, wenn genügend Passagiere vor Ort sind. Um 8:30 bin ich noch immer der einzige Gast. 4 Stunden warten reichen mir. Ich suche mir einen Rollerfahrer, der mich die letzten 33km zur Café Lawa Lodge fährt – etwas teuer für 100.000 Rupien (6,66 €) aber dafür auch richtig, richtig unbequem. Und dauert auch nur ne Stunde! Die letzten 20 km geht es steil bergauf und mein 13 Kilo schwerer Rucksack zieht mich nach hinten. Der 60-jährige Fahrer hat aber alles im Griff, so scheint es zumindest. Verständigung ausgeschlossen. Er kennt nur Preise, Ziele und Yes in Englisch. “Gehts noch lange?” Yes! “Sind wir gleich da?” Yes! Na was nun? Für mich ist es jedenfalls ein hervorragendes Bauchmuskeltraining. Und jede Sekunde dieser strapaziösen Reise soll sich am Ende lohnen. Die knapp 24 Stunden rund um den Bromo ist mein absolutes Java Highlight.

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Bromo kurz nach Sonnenaufgang

 

Die Weiterfahrt von Cemoro Lewan nach Yogyakarta ist in gewisser Weise auch ein Highlight. „…ich bin mal kurz Duschen!“ sagt unser Fahrer als er kurz nach Fahrtbeginn bei sich zu Hause anhält, aus dem Bus springt und den Motor laufen lässt. Wir sind perplex. Einen kompletten Post über diese sehr ’spezielle’ 16 Stunden Reise gibt es hier.

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Lord Helmchen

Yogyakarta – Planlos mit dem Roller
Aufgrund der 6 Stunden verspäteten Ankunft in Yogja bin ich gezwungen, einen weiteren Tag dran zu hängen. Ich möchte unbedingt die beiden Tempelanlagen Borobudur und Prambanan sehen. Am besten zum Sonnenaufgang. Meinen Tag in Yoga verbringe ich völlig planlos. Roller mieten und drauf los fahren – dieses Konzept führt sicher nicht immer zu den ‚Must-Dos‘ der Stadt aber ich erhalte einen besseren Eindruck komme in Gegenden, die eher wenige Touristen besuchen. Zwischen 12 und 20 Uhr sehe ich keinen einzigen Weißen. Und ich lerne, das es durchaus okay ist, mit dem Roller auf dem Gehweg zu fahre, wenn die Straße zu voll ist. Verrückter Verkehr hier! Und hey, ich finde schließlich auch einen McDonalds. Ich stelle mehr und mehr fest, wie gern ich dort hin und wieder esse.

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Rockstar-Feeling
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Temple Prambanan
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Bromobudur

3:30 holt mich ein Minibus am Hotel ab. Wieder eine Nacht ohne richtigen Schlaf. Ich hoffe der Ausflug ist es wert. Diesmal bin ich derjenige, der im Minibus herangekarrt und von einer zur anderen Station geschickt wird. Borobudur ist eine buddhistisch / hinduistische Anlage mit unzähligen Stupas und Buddha-Skulpturen. Unser Guide, ein Moslem, gibt uns Einblicke in die Geschichte der Religionen in Jakarta und wie Christen, Moslems, Hindus und Buddhisten friedlich und tolerant Zusammenleben. An seiner Moschee hängt derzeit ein Banner, das allen Christen ein Frohes Weihnachtsfest wünscht. Ich bin beeindruckt und nachdenklich zugleich. Warum ist diese tolerante Koexistenz der Religionen nicht überall in dieser Weise möglich? Prambanan ist dann eine reine Hindu Tempelanlage. Ein anderer Besucher aus Indien läuft mit uns die Anlage ab und erklärt zu jeder in Skulpturen dargestellten Gottheiten deren Bedeutung und erklärt uns das Einmaleins des Hundismus. Perfekt. An beiden Anlagen gibt es allerdings noch eine weitere Attraktion: nämlich UNS. An diesem Montagmorgen sind Gefühl alle Schulen aus Yogja und Umgebung auf Klassenfahrt und ALLE haben von ihren wohl äußerst kreativen Lehrern dieselbe Aufgabe erhalten: Interviewt Touristen und macht Bilder mit ihnen. Ich fühle mich ein Rockstar. Egal wo wir stehen, werden Bilder geschossen. Und im Gegensatz zu vielen westliche Touristen, fragen die Kinder immer schön artig, ob es okay ist, ein Bild von und mit uns zu machen. Ach hier könnte sich so mancher eine Scheibe abschneiden. Herzerfrischend wie unvoreingenommen Kinder und Jugendliche sein können.

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Jakartas Armenviertel

Mein anschließender Nachtzug nach Jakarta in der Business Class ist nicht unbedingt, was ich mir erhofft habe. Die Business Class besteht aus romantischen Doppelsitzen ohne Mittelarmlehne. Blöder Weise hege ich nicht das geringste Interesse mit der knapp 60-jähirgen Indonesierin in irgendeiner Form romantisch zu werden oder in Kino-Kuschel-Stimmung zu verfallen. Auch wenn ihr schlafender Kopf immer wieder auf meine Schulter fällt, werte ich das nicht als eineindeutigen Annäherungsversuch. Jedenfalls komme ich so nicht zum Schlafen. Die für 9 Stunden angesetzte Fahrt dehnt sich zudem auf über 13 Stunden aus. Nur ne kleine Verspätung. Trotzdem beschwert sich keiner. In Deutschland wäre wahrscheinlich der Schaffner gelyncht worden.

 

Jakarta – ich muss hier raus
Mein erster, zweiter und dritter Eindruck der Stadt – gefällt mir nicht. Eindruck 1: typische Taxifahrer Abzockversuche. Für 150.000 Rp (10€) würden sie mich vom Busbahnhof zum Hotel fahren! Da zahle ich ja in Berlin weniger! Und laufe ich lieber 60 Minuten durch die Stadt, was mich jedoch zu Eindruck 2 bringt: Es stinkt, ist stickig und chaotisch. Nicht, dass es anderswo in Asien sauber ist (ausgenommen Singapur), aber irgendwie kommt es mir hier ein Stück extremer vor. Vielleicht ist es auch nur die Tageslaune nach 0 Minuten Schlaf im Nachtzug. Eindruck 3: Das Hotelpersonal ist soooo unflexibel und unfähig. Zugegeben, 10 Uhr ist für Check-In ein wenig früh aber das Zimmer ist fertig. ich durfte es sehen…nur einchecken darf ich nicht, jedenfalls nicht kostenlos! Early Check-In könnte ich zum günstigen Sonderpreis von 260.000 Rp bekommen (das Zimmer für eine Nacht kostet 300.000 Rp). Ich bin so angepisst, dass ich der Stadt keine zweite Chance gebe. Kinofilme im Zimmer (sobald ich drin bin), Room Service und Pennen den ganzen Tag steht auf dem Programm. Und weil ich nicht genug von der Glotze hab, geh ich abends noch ins Kino, wo ich auf Eindruck 4 treffe: Jakartaher sind alle ungemein wichtig. ALLE haben ihr Handy an und nutzen es. Der Typ neben mir tätigt Anrufe, bis ich angepisst meckere. Aber was zum Geier telefonieren die auch Alle? Geschäftlich? Wohl kaum! Die meisten haben entweder a: einen Straßen-Suppen-Stand oder b: ein Einmann-Roller-Personenbeförderungsunternehmen. Also was müssen sie so Wichtiges regeln? Steigt der Marktpreis für Glasnudeln oder Reiskörner gerade exorbitant?

Den letzten Eindruck erhalte ich am Flugtag. Nicht nur, dass das unfähige Hotelpersonal es versäumt mein Taxi zu bestellen, sie haben auch keine Ahnung, wie lange die Fahrt dauern könnte. Anstatt 75 sagen sie maximal 45 Minuten. Das bringt mein Zeitmanagement dann etwas durcheinander und ich komme 10:35 am Flughafen an, der Schalter schließt um 10:40…und ich habe noch keine Idee, wo mein Schalter ist. TigerAir Schalter 99 lese ich an der Anzeigetafel…wo stehe ich? Klar, bei Schalter 32. Ich renne also die gesamte Abflughalle entlang. Schalter 96, 97, 98…Ende. 99 gibt es nicht! Murphys Law. Sprint zurück zu Anzeigetafel. Da steht 99, Neunundneunzig! Ich bin doch nicht doof. Also versuche ich es in die andere Richtung und tatsächlich, völligst logisch und sinnvoll angeordnet komm nach Schalter 01 natürlich 102, 101, 100, 99 – wieso auch nicht. Auf der anderen Seite war halt kein Platz mehr dafür. Natürlich ist es weit nach 10:40 aber die Schlange ist noch bis Meppen. Hätte ich mir aber auch denken können. Um 11:10 bekomme ich das Ticket und den Hinweis, dass das Boarding um 10:50 beginnt. Herrlich. Ich erreiche meinen Flug…und kurze Zeit später den krassen Gegensatz: Ich bin zurück in Singapur…

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Borobudur Sonnenaufgang

 

Kurzes Fazit Indonesien:
Um so weiter man von Städte entfernt ist, desto schöner zeigt sich Indonesien. Nicht nur landschaftlich, sondern vor allem auch zwischenmenschlich. In Touristen-Ballungszentren fühlt man sich wie eine laufende Sparkasse, bei der sich alle bedienen möchten. Sobald man ein wenig entfernt davon ist oder der Gegenüber nichts verkaufen möchte, bekommt man ein Lachen von Herzen und trifft auf wahnsinnig freundliche und offene Menschen.

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