Die chinesische Party

Üe lädt zur Abschiedsparty in der Calle Faro 1, Etage 5, Apartment A! Das ist zwar nicht ihre Wohnung, sondern unsere aber dafür kennen wir die beiden Chinesinnen auch nicht, die ihren Abschied feiern. Wie in meine anderen Post bereits gesagt, Üe ist der heimliche Chef unserer WG und lädt zur Party. Versprochen wurden Drinks und traditionell chinesisches Essen. Als ehemaliger Coach für interkulturelle Kommunikation freue ich mich natürlich riesig auf mein erstes chinesisches Fest mit original chinesischen Häppchen. Der Tag der Party rückt mittlerweile näher und bislang habe ich noch keinerlei Informationen wie, was, wann abläuft, lediglich das wo scheint geklärt – unsere Wohnung.

Ist diese Ungeplanheit ein Stück Kultur oder bin ich einfach zu Deutsch? Das Motto meiner Reise ist es ja, ungeplant zu sein, also warum nicht auf die harte Tour lernen. Dennoch werde ich von Tag zu Tag nervöser, schließlich sind alle Lehrer der Sprachschule plus weitere Gäste eingeladen und obwohl es nicht meine Party ist, würde ich es komisch finden, wenn keine Getränke da wäre. Zum Glück empfindet Heidi ähnlich und spricht Üe auf die am Samstag Nachmittag immer noch fehlenden Getränke an. “The guys have enough to drink in the house, so I do not think we need to buy something” war die knappe und aufschlussreiche Antwort von Üe. Moment mal, wen meint die mit “the guys”? Meint die etwa Leon und mich und redet sie von unseren knappen Biervorräten und der Flasche Wein, die im Kühlschrank stehen? Es sieht wohl so aus, als ob Üe gar nicht vor hat, irgendwelche Getränke zu kaufen. Sie ist mittlerweile ohnehin viel zu sehr mit kochen beschäftigt und die Küche gleicht einem Schlachtfeld. Prinzipiell ist das der zweite Schock innerhalb weniger Minuten: Üe kocht?!?! Das kann nichts werden (siehe Blog) – ich dachte die anderen chinesischen Mädels kochen? Bei Üe gibt es doch immer nur Chips und Schokolade! Damn! Ich sehe meine Hoffnung auf ein traditionelles chinesisches Essen vergleichsweise der Hoffnung mancher Menschen, dass Schalke irgendwann einmal Deutscher Meister wird. Wenigstens ist Heidi mittlerweile zum Supermarkt und besorgt Getränke und Eis für die Party. Ich beschließe, den Dingen ihren Lauf zu lassen und widme mich einer Eigenart der spanischen Kultur, welche ich innerhalb der ersten Tage bereits verinnerlicht habe: Siesta! Danach wird alles gut!

Und tatsächlich, als ich gegen 19 Uhr von Musik und Stimmen aus unserem Wohnzimmer geweckt werde, sind die ersten Gäste eingetroffen, das Bier ist kalt und in der Küche herrscht geschäftiges Treiben. Scheinbar wendet sich alles zum Guten. Scheinbar. Mittlerweile sind zwar insgesamt 3 Gäste eingetroffen (einer davon ist die zu verabschiedende Chinesin Edit, die sich von uns bewirten lässt), dabei soll es aber auch bis zum Ende der Party bleiben. Beinahe jeder Gast hat kurzfristig abgesagt, wobei ohnehin keiner so richtig wusste, wann es eigentlich losgeht und wo es stattfindet. Das positive daran: Es bleibt mehr Essen für uns.

Gegen 20:30 geht es dann auch endlich los und chinesische Frühlingsrollen werden serviert – Wow, Üe, die es ansonsten wirklich immer schafft, dass Essen irgendwie zu ruinieren, hat nicht nur brauchbare sondern extrem leckere Frühlingsrollen gezaubert. So kann es weitergehen. Der nächste Gang ist Reis mit ein wenig Fleisch (Tierart unbekannt), Paprika und einer Unmenge an Chilli. Ich Stufe das jetzt einmal als traditionell Chinesisch ein, da ich zum Geschmack aufgrund der extremen Schärfe nicht viel sagen kann und der Reis für uns untypisch weich gekocht ist – Klebereis eben. Nichts desto trotz greife ich im Gegensatz zu meinen europäischen Mitbewohnern kräftig zu. Und das ist auch gut so…denn den dritten Gang esse ich maximal aus Höflichkeit. Eine Hühner-Nudel-Suppe mit Seifengeschmack. Zudem werden GABELN zur Suppe ausgeteilt, was ich zunächst für einen Spaß oder Fehler halte. Als jedoch alle einschließlich unserer chinesischen Gastgeber anfangen zu essen, schließe ich mich an und fische Nudeln und Fleischstücke aus der Suppe bis nur noch das Flüssige übrig bleibt. Wie in einem schlechten Film werden genau zu diesem Zeitpunkt die Löffel serviert, was noch mehr verwirrt, mich jedoch einen kulturellen Hintergrund definitiv ausschließen lässt – offensichtlich läuft hier alles einfach nur verplant ab.

Genug gegessen, die Party kann beginnen. Denkste! Die Gastgeberin verschwindet, kurz nach dem Essen?!?! Und die Küche sieht aus wie Sau. Also machen wir, meine Mitbewohner und ich, uns daran, die Küche wieder nutzbar zu machen. Und was finden wir hier? Das Geheimnis der leckeren, hausgemachten Frühlingsrollen – hausgemacht in echter Fließbandarbeit und anschließend schockgefrostet….aber sie waren wirklich lecker und es liegt sogar noch eine Packung in unserer Gefriertruhe!

Original chinesische Frühlingsrollen - TK
Original chinesische Frühlingsrollen – TK

Soviel also zu meiner ersten Chinesischen Party – es bleibt abzuwarten, wie viele “kulturellen Highlights” in den nächsten 548 Tagen noch anstehen.

4 Comments

    1. Hallo Daniel,
      wir wollen Deinen Blog natürlich auch mitgestalten und grüßen dich deshalb aufs herzlichste vom Theaterausflug. DU fehlst dabei. Aber wie bei Dir bin ich mir ja nie sicher, ob Du nicht doch irgendwo, irgendwie und irgendwann spontan auftauchst. Vielleicht steigst Du ja gleich in Hannover ein, was mich nicht wundern würde. Dieser Bahnhof wird grade angesagt, in einem im Verhältnis zu deinem Spanisch noch schlechtern Englisch. …. In unserer Theateruniform (rotes T-Shirt) sitzen wir im ICE und die weiteren Mitreisenden können einem eigentlich nur leid tun. Seit gefühlten 4 Stunden spielt Traudel Quizduell… und eigentlich spielt der ganze Wagen ungewollt mit. Wenn Du nur auch dabei sein könntest… Im Namen der Theaterchaoten Heiko

      1. Ja, dieses Wochenende würde ich jetzt gerne mit Euch durch Hamburg ziehen, ist halt leider gerade 3000km entfernt. Ich wünsch Euch aber viel Spaß!

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