Tag 459 bis Tag 462, Sonntag 02.08. bis Mittwoch 05.08.2015 – Wie aus eigentlich 13,5 Stunden Flug eine Reisezeit von knapp 80 Stunden wurde.
Es sollte mir ja eigentlich bekannt vorkommen: Der Abflug von Frankfurt funktioniert einfach nicht wie geplant (siehe Flug nach Kathmandu). Aus dem eigentlich lockeren 13,5 Stunden Nachtflug wird eine knapp 80-stündige Reise bis ich an meinem Ziel in Tamarindo/Costa Rica ankomme.
1. Verzögerung: “Es tut mir leid, die Maschine nach San Jose ist überbucht und Sie könnten erst morgen fliegen. Anstatt über Santo Domingo dann über Cancun” – höre ich von der netten Dame am Condor Schalter in Frankfurt – “Sie kommen dann anstatt morgens um 5 Uhr abends um 22 Uhr in San Jose an“. Okay, einen Tag und mein kostenloses Shuttle nach Tamarindo verpasst aber damit kann ich leben! Übernachtung im Steigenberger, Essens-Gutscheine und 600,- € Entschädigung bekomme ich zu meiner neuen ‘Reiseplanung‘ gleich unaufgefordert dazu – sehr löblich und viel besser als das Kundenmanagement von Qatar Airways, bei denen ich meiner Entschädigung Monate hinterher rennen musste und Essensgutscheine gleich komplett ausblieben.
2. Verzögerung: “Meine Damen und Herren, wir landen leider etwas verspätet in Cancun” – jetzt wird es komisch. Die ohnehin schon knappe Transferzeit von etwas unter zwei Stunden reduziert sich weiter. Ich werd nervös. Zwei Stunden mögen sich für ein Umsteigen nicht wirklich knapp anhören, in Mexiko muss allerdings das Gepäck selbst abgeholt und neu eingecheckt werden…was auch die Einreise in das Land beinhaltet. Das wird also eng. Sogar richtig eng, als ich sehe, wie lange die Schlange bei der Einreise ist. Trotz bevorzugter Behandlung durch die mexikanischen Beamten verstreichen 30 Minuten. Gepäck suchen…und beim Verlassen des Bereichs nochmals ein Sicherheitscheck…das kann nichts mehr werden….und es wird auch nichts. Murphys Law: Der Schalter von Avianca Air ist seit 10 Minuten geschlossen, kein Mitarbeiter in der Nähe und da stehe ich…bzw. WIR. Mittlerweile habe ich Leidensgenossen gefunden, die auch nach San Jose wollen und in der gleiche Maschine saßen. Eine Stunden stehen wir ein wenig planlos, verzweifelt und hilflos direkt vor dem Avianca Schalter und egal wenn wir fragen, es fühlt sich keiner so richtig zuständig. Condor Verantwortliche oder ein Office? Fehlanzeige. Zumindest bekomme ich mit meinem dürftigen Spanisch keine vernünftige Auskunft.

Aber dann erscheint doch jemand: J. Eduardo von Last Minute – keine Ahnung, wer er ist und warum er uns hilft aber er hängt am Telefon und sucht Lösungen. “Ich bringe Sie jetzt alle in ein Hotel – Condor zahlt! Weiterflug irgendwann morgen!” – alla hopp, nach einer Nacht Frankfurt jetzt also eine Nacht Cancun, warum nicht. Jetzt verpasse ich also auch meinen Inlandsflug in Costa Rica, aber hey: Condor zahlt, heißt es.
5* All Inklusive RIU Caribean, gefühlt 1000 Zimmer – ein wenig anders als das Steigenberger gestern. Pauschaltourismus vom Feinsten aber für eine Nacht natürlich sehr akzeptabel. Außer vielleicht der Schimmel im Bad, aber wie gesagt, für eine Nacht. Um 14:30 holt uns J wieder ab und wir setzen die Reise Richtung Costa Rica weiter fort….denken wir.
3. Verzögerung: Wir stehen bereits am Check-In Schalter bei Avianca Air am Flughafen Cancun, als J uns wieder aus der Schlange holt und sagt: “Mmmhhh, wir haben ein kleines Problem (Anmerkung: Wenn ich etwas auf meiner Reise gelernt habe, dann die Codierung von Problemen: wäre es wirklich ein ‘kleines’ Problem – hätte J gesagt, er bräuchte noch ein paar Informationen vor dem Check-In. Zu sagen ‘kleines Problem’ bedeutet so viel wie: Leute, ihr sitzt in der Scheiße!). Condor hat zwar Eure Flüge gebucht aber Avianca Air hat sie nicht bestätigt. Zudem brauche ich noch Eure Ausreise-Tickets aus Costa Rica” – anscheinend fürchten Sie, dass wir Wirtschaft-Flüchtlinge sind und nach Costa Rica auswandern wollen. Es dauert jedenfalls eine Stunde bis sich alles klären soll (aktuelle Zeit: 2 Stunden vor Abflug). Da J die Situation mittlerweile auch peinlich ist, lädt er uns alle auf eigene Kosten zu einem Drink ein, während wir warten. Respekt.
Das Problem mit den Tickets scheint gelöst zu sein. Theoretisch könnten wir einchecken. Allerdings hat Raphael, der Condor Hauptverantwortliche in Cancun, ein weiteres ‘kleines Problem‘ – und diesmal sitzen wir wirklich in der Scheiße: “So, Sie könnte jetzt einchecken und in Richtung San Jose fliegen, allerdings hat die Maschine heute Verspätung und Sie würden höchstwahrscheinlich den Anschluss in San Salvador verpassen. Dort müssten Sie nämlich noch einmal umsteigen!” – jetzt ist so ein Moment gekommen, wo man von typischen Deutschen Touristen erwarten würde, das mindestens einer mit puterrotem Kopf lauthals zu brüllen anfängt, ein weiterer verzweifelt zusammensackt und ein Dritter mit seinem Rechtsanwalt droht. Zu meiner Überraschung passiert nichts dergleichen, wir quatschen einfach kurz über die Situation und was wir machen. Nach San Salvador fliegen und dort warten oder hier in Cancun noch ne Nacht verbringen. Raphael nimmt uns die Entscheidung aber weitestgehend ab: “Hier in Cancun kann ich mich um alles für sie kümmern, Condor zahlt. In San Salvador wären sie auf sich alleine gestellt.” – also zurück zu einer Unterkunft.
Damit wir dieses Mal aber ein Hotel ohne Schimmel im Badezimmer haben, übe ich auf der Fahrt schon mal den Satz auf Spanisch mit Hilfe eines Wörterbuches. Ayer fue caballo blanco en el bano! – in meinem Verständnis sollte das heißen: gestern hatten wir Schimmel im Badezimmer. Alle im Minibus lachen. Was hab ich falsch gemacht? Offensichtlich bin ich zu doof, ein richtiges Wort aus dem Wörterbuch zu suchen, denn ich hab gesagt: Gestern war weißes Pferd (Schimmel) im Badezimmer! Junge Junge Junge, ich sollte das Geld für meinen Spanischunterricht von der Sprachschule zurückfordern!
Im neu eröffneten RIU gibt es allerdings kein weißes Pferd im Bad, die Zimmer machen einen richtig guten Eindruck. Trotzdem würde ich gerne weiter nach Costa Rica, diese Pauschal-Touri-Hotels sind einfach nichts für mich. Anstehen an der Salatbar, Pool nur bis 19 Uhr nutzen, morgens sind alle Liegen mit Handtüchern reserviert (obwohl fast keine Deutschen im Hotel sind – scheinbar haben wir auch diese Verhaltensweise exportiert!) und einen Kaffee bekomme ich nur, wenn ich ein T-Shirt an habe. Naja, heute fliegen wir – vielleicht.

Mittwoch 12:48, wir starten planmäßig. Na also, es läuft. Zumindest für 10 von 13 Reisende. Für drei Jungs gibt es noch eine Verlängerungsnacht in Cancun, da Markus sich wohl beim Abendessen eine Lebensmittelvergiftung eingefangen hat. Es geht halt schief, was schief gehen kann. Trotzdem kümmern sich J und Raphael (Condor) weiter um sie, was ich richtig stark finde. 16:00 landen wir fast planmäßig in San Jose. Für eine Weiterreise per Flugzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln nach Tamarindo ist das trotzdem zu spät. Allerdings meinte Raphael, wir können ruhig ein Taxi nehmen – Condor zahlt. Mit Timm und Ann-Kathrin teile ich mir also ein Taxi und fahre die letzten vier Stunden nach Tamarindo. Seit der geplanten Abflugzeit am Sonntag in Frankfurt sind mittlerweile 79 Stunden vergangen. Drei komplette Tage haben wir verpasst. Dennoch war die Stimmung meist gut, was hauptsächlich an J. und Raphael lag. Das Krisenmanagement von Condor funktioniert und ‘Condor zahlt’.